Das Gesundheitsamt Göppingen hat zusammen mit dem Vorsitzenden der Kreisärzteschaft, Marc Lux, im Teilbereich Voralb die 2. Kleinraumkonferenz (KRK) im Landkreis Göppingen veranstaltet.
Dass medizinische Versorgungsstrukturen im ländlichen Gebiet wegfallen, weil junge Ärzte und Ärztinnen eher in Anstellung arbeiten möchten anstatt eine eigene Praxis zu übernehmen, sind Realtitäten und Herausforderungen, derer sich die Kommunale Gesundheitskonferenz im Landkreis Göppingen angenommen hat. So übernimmt die seit November 2023 im Gesundheitsamt Göppingen angesiedelte Servicestelle „Ärztliche Versorgung“ die Organisation, Steuerung und Moderation der Kleinraumkonferenzen.
Angefangen mit den Pilotgemeinden Eschenbach, Dürnau, Gammelshausen und Heiningen haben sich die Bürgermeister dieser Gemeinden mit der Ärzteschaft der Primärversorgung (Allgemeinmediziner/-innen und eine Gynäkologin) getroffen. An zwei Abendterminen im November 2024 und Anfang Juli 2025 fand ein für mehrere Stunden dauernder reger Austausch statt. Ein Kleinraum richtet sich in der Regel nach bestehenden Vertretungsreglungen der ansässigen Ärzteschaft.
Marc Lux, Hausarzt und Vorsitzender der Kreisärzteschaft: „Ich bin dem Gesundheitsamt Göppingen und der Kommunalen Gesundheitskonferenz dankbar, dass wir dieses neue Format gemeinsam gestartet haben. Letztenendes ist ein konstanter Austausch wichtig, um Veränderungen rechtzeitig zu erkennen und mit guten Lösungen gegenzusteuern zu können.“
Konkrete Bedarfe wurden mittels Workshops ermittelt, priorisiert und Maßnahmen angestoßen:
- Flexiblere Arrangements für vorhandene Bürgerbusse – ortsübergreifende Fahrgelegenheiten für Patienten und Patientinnen zu “ihren” Ärzten und Ärztinnen
- Kinderbetreuung für medizinische Fachangestellte – Kindertagespflege als Möglichkeit, um ihre Kinder am Ort der Tätigkeit betreuen zu lassen
- Barrierefreie Praxisräume – noch gibt es ausreichend praktikable Lösungen; dennoch langfristige Visionen entwickeln, gemeinsam von Kommunen und Ärzteschaft, um weiterhin eine älter werdende Bevölkerung versorgen zu können
- Vorhandene Netzwerke interkommunal und innerhalb der Ärzteschaft – ausbauen, weiter pflegen und durch z.B. Pflegedienste, Apotheken und Physiotherapeut/-innen ergänzen
- Vorhandene Beratungsangebote evaluieren – bündeln, ausbauen und interkommunal nutzbar machen
Die Bürgermeister waren sich einig, dass die Kleinraumkonferenzen ein gutes und sinnvolles Format sind. Aktuell liegen in den teilgenommenen Gemeinden keine medizinischen Versorgungsprobleme vor. Es sei aber absehbar, dass auch Ärzte und Ärztinnen in ihren Raumschaften in den Ruhestand gehen würden. Um so wichtiger, mit einem frühzeitigen Blick, auch über die eigene Gemeinde hinaus, Bedarfe aufzudecken und wenn möglich, mit Maßnahmen entgegen zu steuern. Im Sinne der allgemeinen Daseinsvorsorge sehen sich die Bürgermeister zudem in der Pflicht, die Ärzteschaft vor Ort bestmöglich zu unterstützen.
Die Bürgermeister aus Heiningen, Dürnau, Eschenbach und Gammelshausen (v.l.n.r.) sowie die Ärzte und Ärztinnen aus Heiningen und Dürnau sowie Vertreter des Gesundheitsamtes Göppingen
Fortführung und Ausweitung auf weitere Gemeinden in Planung
Genügend Ärzte und Ärztinnen zu gewinnen, um die aktuellen und künftigen Lücken zu schließen, gestaltet sich als schwierig bis unmöglich. Das haben sowohl der Gesetzgeber, als auch der Hausärzteverband erkannt. Unter anderem sollen neue Berufsbilder wie Community Health Nursing (CHN), Physician Assistant (PA) oder die klassische (akademisierte) Versorgungsassistenz in der Hausarztpraxis (VERAH) künftig helfen, die Ärzteschaft zu entlasten.
Dr. Nadja Mürter, Leiterin Gesundheitsamt Göppingen: „Bereits heute haben wir im Landkreis Göppingen 43 unbesetzte Hausarztsitze. Circa 40 Prozent der Hausärzteschaft im Landkreis sind älter als 60 Jahre. Mit den Kleinraumkonferenzen wollen wir die entscheidenden Akteure auf einer kleinen regionalen Ebene zusammen bringen, um gemeinsam kleine, oder auch große, Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.”
Die Erfahrungen aus den ersten Kleinraumkonferenzen sollen genutzt werden, um weitere Kommunen im Kreis Göppingen zu unterstützen mit der niedergelassenen Ärzteschaft ins Gespräch zu kommen.
Für den Teilbereich Voralb ist schon jetzt ein weiterer Austausch für Anfang 2026 angedacht.
Neben den Kleinraumkonferenzen gibt es weitere Initiativen, die den Landkreis Göppingen als Gesundheitsstandort weiterentwickeln:
- Gründung des Weiterbildungsverbundes Allgemeinmedizin im Jahr 2023 – ein partnerschaftlicher Verbund von Kreisärzteschaft, ALB FILS KLINIKUM, Klinikum Christophsbad, der Kassenärztlichen Vereinigung, der Universität Ulm und dem Landratsamt Göppingen zur Ausbildung von Hausärzten und Hausärztinnen
- medACADEMY des ALB FILS KLINIKUMS – zweitägiges praktisches Fortbildungsprogramm für Medizinstudierende kurz vor ihrer Zulassung als Arzt/Ärztin
- Göppingen, ein attraktiver Landkreis – Begeisterung von vor allem jungen Ärzten und Ärztinnen für den Landkreis
- Pilotierung Gesunde Gemeinde/Stadt – Gesundheit auf kommunaler Ebene in den Vordergrund stellen
- Weiterdenken von Versorgungsstrategien – Delegationsmodelle wie Commuinty Health Nursing im Blick behalten